BAG: Urlaubsgesetz gilt auch für Fremdgeschäftsführer

Das BAG hat mit einem neulich veröffentlichten Urteil (Az.: 9 AZR 43/22) klargestellt, dass auch für eine Fremdgeschäftsführerin das Bundesurlaubsgesetz Geltung finden kann, wenn sie im europarechtlichen Sinne als Arbeitnehmerin einzustufen ist.

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BAG: Urlaubsgesetz gilt auch für Fremdgeschäftsführer

Das BAG hat mit einem neulich veröffentlichten Urteil (Az.: 9 AZR 43/22) klargestellt, dass auch für eine Fremdgeschäftsführerin das Bundesurlaubsgesetz Anwendung finden kann, wenn sie im europarechtlichen Sinne als Arbeitnehmerin einzustufen ist.

Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin war von 2012 bis 2020 als Fremdgeschäftsführerin bei der Beklagten angestellt. Sie hatte eine tägliche Arbeitszeit von 07:00 Uhr bis 18:00 Uhr einzuhalten und unterlag strengen Anforderungen hinsichtlich des Inhalts und der Art und Weise ihrer Arbeitsleistungen. Darüber hinaus hatte sie wöchentlich 40 Kundentelefonate und 20 Kundenbesuche nachzuweisen. Ihr Dienstvertrag sah ab einer sechsjährigen Betriebszugehörigkeit einen jährlichen Urlaubsanspruch von 33 Tagen vor. Im Jahr 2019 nahm die Klägerin elf Tage und im Jahr 2020 keinen Urlaub in Anspruch. Sie kündigte ihren Vertrag zum 30. Juni 2020. Ab dem 30. August 2019 bis zur Beendigung erbrachte sie keine Leistungen mehr und meldete sich krank. Sie klagte auf Abgeltung des ihr nicht gewährten Resturlaubs.

Es ging nunmehr um die Frage, ob der Urlaubsanspruch der Klägerin verfallen war, oder ob der Arbeitgeber – wie bei Arbeitnehmern bereits höchstrichterlich entschieden – explizit auf den Verfall des Urlaubs hätte hinweisen müssen. Hierzu kam es maßgeblich darauf an, ob die Klägerin als Arbeitnehmerin im Sinne der europäischen Arbeitnehmerbegriffs anzusehen war.

Dies wurde sowohl vom LAG als auch vom BAG bejaht. Bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung von § 7 Abs. 4 BUrlG ergebe sich daher ein Urlaubsabgeltungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte.

Nach der Definition des Europäischen Gerichtshofes ist Arbeitnehmer, wer „eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält.“ (EuGH, Urt. 04.02.2010, Az. C-14/09). Angesichts der strikten Weisungsgebundenheit und der strengen Kontrollen durch die Beklagte war die Klägerin als Arbeitnehmerin in diesem Sinne zu klassifizieren.

Die Entscheidung zeigt, dass Gesellschafter gehalten sein können, ihrer Informationsobliegenheit hinsichtlich des Verfalls von Urlaubsansprüchen der Fremdgeschäftsführer nachzukommen, um sich keinen Abgeltungsansprüchen ausgesetzt zu sehen. Es bleibt festzuhalten, dass die Arbeitnehmereigenschaft von Fremdgeschäftsführern häufiger anzunehmen sein dürfte, als bisher gedacht, sodass eine genaue Prüfung des jeweiligen Dienstverhältnisses ratsam ist.

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